Der abenteuerliche Lebensweg des Bayerischen Hiasl
Am 3. September 1736 begann für Matthäus Klostermayr – besser bekannt als der baytische Hiasl – eine Reise, die ihn in die rauen, aber faszinierenden Landschaften Bayerns führen sollte. Geboren in einem kleinen Haus mit dem ehrwürdigen Namen Brentan in Kissing (Hausnummer 30), wurde er bereits zehn Tage später in der ehrwürdigen Pfarrkirche St. Stephan getauft. Als ältester von vier Kindern der bescheidenen, aber stolzen Familie Klostermayr wuchs er in einem Umfeld auf, in dem Mut und Pflichtbewusstsein schon von klein auf gelebt wurden.
In jenen Zeiten, in denen das Überleben oft über Bildung stand, musste Hiasl bereits mit elf Jahren (im Jahr 1747) schweren Herzens die Schule verlassen, um zum Familieneinkommen beizutragen. Gemeinsam mit seinem Vater Michael, der als Gemeindehirt und Tagelöhner seinen Lebensunterhalt verdiente, zog es den jungen Matthäus hinaus in die Natur. Die endlosen Weiten der bayerischen Felder und sanften Hügel wurden sein erster Spielplatz – ein Ort, an dem er nicht nur das Vieh hüten lernte, sondern auch den unbändigen Geist der Freiheit spürte.
Das nahe gelegene Gut Mergenthau, das dem mächtigen Jesuitenorden gehörte, sollte bald zu einem Schauplatz seiner ersten großen Abenteuer werden. Hier verrichtete er nicht nur allerlei Hilfsarbeiten, sondern begegnete auch dem berühmten Gutsjäger Bernhard Wörsching – einem Mann, der die Geheimnisse der Jagd in sich trug. Unter Wörschings wachsamen Augen lernte Hiasl, die Natur zu verstehen und sich in den dichten Wäldern und über die weiten Felder Bayerns geschickt zu bewegen.
Bereits 1751 wagte er den ersten, kühnen Schritt in eine Welt voller Nervenkitzel: Mit jugendlichem Mut und einer Prise Übermut gelang es ihm, seinen allerersten Hirsch zu wildern. Dieses Ereignis hinterließ nicht nur einen bleibenden Eindruck in seinem Herzen, sondern prägte auch seinen Charakter. Mit ernster Miene und dem festen Versprechen gegenüber seinen Eltern, nicht unbedacht weiter zu wildern, zeigte Hiasl schon früh, dass hinter dem abenteuerlichen Geist auch ein tiefes Verantwortungsgefühl steckte.
Sein Talent und seine Leidenschaft für die Jagd ließen nicht lange auf sich warten. Anfang August 1753 wurde er offiziell als Jagdgehilfe auf Gut Mergenthau angestellt. Mit dem Mut eines jungen Abenteurers und dem Wissen um die Geheimnisse des Waldes zog Hiasl fortan in die Schlacht gegen die Wildnis – immer bereit, den nächsten Nervenkitzel zu erleben, die Natur zu respektieren und sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen.
Der Lebensweg des baytischen Hiasl ist somit ein Zeugnis für die unerschütterliche Verbindung von Abenteuerlust, harter Arbeit und tiefer Ehrfurcht vor der Natur. In einer Zeit, in der das Schicksal von Mut und Entschlossenheit geformt wurde, bewies er, dass selbst in bescheidenen Anfängen das Feuer eines wahren Abenteurers lodern kann.
Matthäus entkommt
Im Februar 1756 entließ die Jesuiten Matthäus, möglicherweise verdächtig wegen Wilderei, und schloss sich im Mai der Wildererbande von Xaver Bobinger an, bevor er eine eigene Bande gründete.
Gefangener und Entflohener
Im Mai 1765 wird Hiasl verraten und landet für neun Monate im Zuchthaus. Freiheit bringt wachsende Konfrontationen mit Staatsmacht, und 1766 bekommt er Tyras, einen Müllerhund, als Begleiter.
Entkommen und neuer Anführer
Joseph Baumiller nimmt Hiasl als Oberknecht. Nachdem Hiasl flieht und eine eigene Bande gründet, wird er verraten und verurteilt. Er stellt fest, dass Hunde als Leibwächter geschätzt werden.
Matthäus' Reise beginnt
Im Februar 1756 verlässt Matthäus die Jesuiten, nachdem er deren Schießkünste verspottet hat. Dieser Schritt markiert den Start seiner aufregenden Abenteuer.
Die verpasste Chance zur Umkehr – 1767
Im Jahr 1767 bot sich dem Bayerischen Hiasl endlich ein Lichtblick, der ihm eine neue Wendung in seinem bewegten Leben hätte ermöglichen können. Auf Drängen seines Vetters, Dominikus Geyer – eines kurfürstlichen Leibarztes mit Einfluss und Weitblick – wurde ihm die verlockende Aussicht eröffnet, als Jäger beim Kurfürsten in den Dienst zu treten. Eine ehrbare Zukunft, die ihm als Ausweg aus dem wilden, gesetzlosen Dasein hätte dienen können. Auch seine Familie, der angesehene Kissinger Pfarrvikar und der weise Dorfbader, versuchten mit eindringlichen Worten, ihn auf diesen Pfad der Tugend zu lenken.
Als der Sommer Einzug hielt und Hiasl sich schweren Herzens von seiner Bande verabschieden wollte, legten seine Kameraden noch einmal nach. Mit leidenschaftlichen Appellen, bei denen sie seine Ehre umklammerten und seine Eitelkeit schmeichelten, zogen sie ihn zurück in die Welt des Abenteuerlichen und Rebellischen. Die Bande, sein Zuhause, hatte sich als unwiderstehlicher Sog erwiesen, der ihn nicht losließ.
Doch das Schicksal sollte erneut seinen Lauf nehmen: Bei einem folgenschweren Treffen mit türkheimischen Jägern wurde sein „Bub“, Andreas Mayr, gefangen genommen und ins berüchtigte Münchner Zuchthaus geworfen. Dieser dramatische Einschnitt entfachte in Hiasl einen unbändigen Zorn. Was als verpasste Chance auf ein ehrbares Leben hätte enden können, verwandelte sich in einen Wendepunkt, der ihn noch tiefer in den Kampf gegen die Staatsmacht stürzte.
Von diesem Tag an eskalierte das ohnehin schon «rechtswidrige» Verhalten des Bayerischen Hiasl und seiner Bande. Mit brennendem Eifer und einer fast unstillbaren Rebellion suchte Klostermayr die direkte Konfrontation mit den greifbaren Organen der Macht – den Jägern, den Gendarmen und den Soldaten. Jeder Zusammenstoß, jede scharfe Klinge, die auf ihn zuraste, schien nur den Funken weiter zu entfachen, der das Feuer seines ungestümen Geistes am Lodern hielt.
So blieb 1767 ein Jahr, das hätte der Wende dienen können, doch stattdessen den Grundstein für einen noch wilderen und gefährlicheren Lebensweg legte – ein Weg, der ihn in den düsteren Schatten der Geschichte Bayerns unvergessen machte.
Verfolgung, Kerker und das Todesurteil – Das dramatische Finale
Ende des Jahres 1770 erreichte das Spiel mit dem Feuer seinen Höhepunkt. In einer hitzigen Sitzung des Schwäbischen Reichskreises, in der die mächtigen Herren des Landes zusammenkamen, wurde beschlossen, dem furchtlosen Bayerischen Hiasl und seiner berüchtigten Bande endgültig ein Ende zu setzen. Man war sich einig: Es musste ein gewaltiges Zugeständnis an die Ordnung herbeigeführt werden. Mit der Entschlossenheit eines gefürchteten Rächerkommandos wurde Premierleutnant Ferdinand Schedel beauftragt, unterstützt von einer schlagkräftigen Kompanie Grenadiere und Jäger, die ihm zur Seite standen.
Die Jagd begann, als eine schicksalhafte Wirtstochter dem findigen Schedel ein entscheidendes Geheimnis preisgab: Klostermayr hatte sich im sagenumwobenen Wirtshaus von Osterzell verschanzt. In einer Nacht, in der der Atem der Spannung in der Luft lag, rückte Schedels Truppe an. Am 14. Januar wurde das Wirtshaus blitzartig eingekesselt. Es folgte ein epischer Beschuss – vier Stunden, in denen der Klang der Schüsse und das Krachen der Gewehre die Stille der Nacht zerrissen. In diesem erbitterten Gefecht fielen fünf Männer, darunter auch zwei der berüchtigten Wilderer, während der Schatten des Unheils immer länger über der Szene schwebte.
Doch das Schicksal sollte für Hiasl und seine Kameraden nicht sofort den Vorhang fallen lassen. Nach dem blutigen Gefecht wurden sie zunächst nach Buchloe gebracht und Ende Januar weiter nach Dillingen an der Donau überführt, wo ihnen ein rücksichtsloser Prozess angetan wurde. Die Atmosphäre im Gerichtssaal war so drückend wie ein herannahender Sturm – Gerechtigkeit und Strafe hingen in der Luft, während sich das Schicksal dieser waghalsigen Rebellen unaufhaltsam zuraffte.
Doch selbst inmitten der bleiernen Justiz regte sich der Geist der Freiheit: Am 15. Juli 1771, während des Prozesses, gelang es vier listigen Wilderern, unter ihnen auch der treue Adlatus Andreas Mayr, der von allen liebevoll »Bub« genannt wurde, einen kühnen Fluchtversuch. In einer dramatischen Wendung, die den Atem raubte, verschwand die Bande in den Schatten der Dunkelheit und hinterließ die Justiz in Staunen.
Der unausweichliche Schlussakt folgte am 3. September 1771. An diesem Tag, als der Herbst seinen ersten kühlen Hauch über das Land legte, wurde das Todesurteil für Matthäus Klostermayr und seine vier verbliebenen Mitgefangenen verkündet. Ein Urteil, das das Ende eines wilden, abenteuerlichen Lebens bedeutete – ein Leben, das in den Annalen der Geschichte Bayerns als eine Legende des Widerstands, des Mutes und des unerschütterlichen Strebens nach Freiheit weiterleben sollte.
Das waghalsige Abenteuer des Bayerischen Hiasl – Teil II
Im Februar 1756 nahm das Schicksal eine dramatische Wendung: Matthäus, der kühne Jagdgehilfe, wurde von den Jesuiten entlassen. Der offizielle Vorwand lautete, er habe einen Jesuiten auf dem Fasching wegen seiner Schießkünste öffentlich lächerlich gemacht – eine Beleidigung, die in jenen Zeiten kein leichtes Vergehen war. Doch die Schatten der Wilderei hatten sich bereits um ihn gelegt, und man munkelte, dass man ihn loswerden wollte, weil er heimlich in den dunklen Wäldern Bayerns seine Beute machte.
Kaum hatte er diesen schmerzlichen Bruch erlebt, da fand sich Matthäus unter den Fittichen des resoluten Serehansenbauers Joseph Baumiller wieder, der ihn als Oberknecht übernahm. Doch der wilde Geist des Hiasl ließ sich nicht so leicht zähmen: Auch in dieser neuen Rolle konnte er dem Reiz des Wilderns nicht widerstehen. Die Behörden hatten es darauf abgesehen, ihn aus dem Spiel zu nehmen, und setzten am 24. April 1756 die Werber der bayerischen Armee auf ihn an. Wie ein Schatten in der Nacht entkam er ihnen jedoch über den reißenden Lech und verschwand in den geheimnisvollen Gefilden Schwabens – ein kühner Sprung in die Freiheit!
Im Mai 1756 fand er Zuflucht in der berüchtigten Wildererbande des »Krätzenbub« Xaver Bobinger, einer Gemeinschaft von Gesetzlosen, die in den dunklen Ecken des Landes ihr Unwesen trieben. Doch Matthäus war kein einfacher Mitläufer – mit seinem unbezähmbaren Ehrgeiz gründete er schon bald seine eigene Bande. Mit der kühnen Entschlossenheit eines Abenteurers und dem Herzen eines Rebellen forderte er die Konfrontation mit der Staatsmacht, den Jägern und Soldaten heraus, die versuchten, ihn zu fangen.
Doch das Schicksal schlug erneut zu: Anfang Mai 1765 verriet ihn ein ehemaliges Bandenmitglied, und er wurde zu neun Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Mauern der Strafanstalt konnten seinen unbändigen Geist nicht brechen, und als er wieder in Freiheit entlassen wurde, brannte in ihm das Feuer, sich weiterhin gegen jede Form von Unterdrückung aufzulehnen. Mit seinen treuen Kumpanen stellte er sich immer wieder den wachsamen Augen der Justiz – ein Leben im ständigen Wettstreit mit den Mächtigen seiner Zeit.
Das Jahr 1766 sollte eine weitere dramatische Wendung bringen: Bei einem nächtlichen Streifzug stahl er einem Müller den Fanghund Tyras – ein Tier, das bald zu seinem unerschütterlichen Begleiter und persönlichen Leibwächter wurde. In einer Epoche, in der Hunde als schützende Gefährten verehrt wurden, symbolisierte Tyras für Hiasl nicht nur Loyalität, sondern auch den unerschütterlichen Willen, gegen jede Widrigkeit anzukämpfen.
So wuchs der Legende des Bayerischen Hiasl weiter – ein Leben, geprägt von gefährlichen Fluchten, rebellischen Taten und der ewigen Sehnsucht nach Freiheit. Ein Mann, der sich trotz aller Widerstände immer wieder den Pfad des Abenteuers wählte und dessen Name in den dunklen Gassen und weiten Wäldern Bayerns noch lange als Synonym für Mut und Unbezähmbarkeit nachhallen sollte.
Wie der Hiasl zur Legende wurde – Der Aufstieg eines Volkshelden
Das Volk schmiedet sich seine Helden nicht aus Gesetzbüchern oder offiziellen Chroniken, sondern aus den wilden, ungezähmten Träumen der Menschen. Dabei zählt nicht, wie viel Gut oder Schlechtes ein Mann vollbracht hat – entscheidend ist, ob er in den Augen der einfachen Leute das Zeug zum Helden besitzt. Und genau dieses unbezähmbare Etwas hatte der Wilderer und Räuberhauptmann Matthäus Klostermayr, Sohn eines armen Tagelöhners, in Überfluss.
Bereits zu Lebzeiten wurde Hiasl, wie er von seinen Zeitgenossen liebevoll genannt wurde, zum Symbol eines sozialen Aufbegehrers. In den rauen Wirtshäusern, wo Bier und Geschichten gleichermaßen flossen, hörte er vermutlich die ersten Gedichte und Volkslieder, die von seinen waghalsigen Taten und seinem unermüdlichen Widerstand gegen die Obrigkeit erzählten. Obgleich er sich selbst nie als Held oder gar als Rebell verstanden haben mochte, verlieh ihm das Schicksal – und das lodernde Feuer der Volksseele – diesen Ruf, der weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinausstrahlte.
Erst nach seiner Hinrichtung begann das wahre Kapitel seiner Legende. Die Lieder, Gedichte und Theaterstücke, die von seinem "gerechten" Widerstand gegen eine als ungerecht empfundene Obrigkeit berichten, vervielfachten sich wie das Echo in einem tiefen Tal. Jahrhunderte später zollen fahrende Theatergruppen, Volkstheater und gar Puppenbühnen dem Bayerischen Hiasl Tribut, indem sie seine Geschichten auf die Bühne bringen und so den Geist eines Mannes feiern, der gegen alle Widrigkeiten ankämpfte.
In den 1970er Jahren griff auch der Bayerische Rundfunk diese sagenumwobene Geschichte auf und produzierte ein Hörspiel über den »Brentan-Hiasl«. Ein Jahrzehnt später folgte ein mitreißender Dokumentarfilm für das Fernsehen – Beweise dafür, dass seine Abenteuer, sein rebellischer Geist und sein unerschütterlicher Wille, sich gegen das Unrecht aufzulehnen, weit über die Grenzen der Zeit hinaus begeistern.
So wurde Matthäus Klostermayr, der Wilde, der Gesetzlose und zugleich Volksheld, zur Legende – ein Mann, der im kollektiven Gedächtnis des Volkes weiterlebt, als Symbol für den unbändigen Drang nach Freiheit und Gerechtigkeit. Ein Leben, das in jeder Zeile der Lieder, in jedem Vers der Gedichte und in jeder Aufführung auf der Bühne weiterlebt – als ewiger Funke, der die Herzen der Menschen entflammt.
Der Bayerische Hiasl – Ein Sozialrebell im Geiste der Freiheit
Der Tod des Bayerischen Hiasl ließ die Herzen der Bevölkerung nicht in Furcht zurück – im Gegenteil, er entfachte ein loderndes Feuer der Sehnsucht nach Freiheit. Schon zu seinen Lebzeiten wuchs sein Mythos, gespeist von den flüsternden Legenden, die in den schummrigen Ecken der Wirtshäuser und an knisternden Lagerfeuern erzählt wurden. In diesen packenden Erzählungen spiegelte sich die tiefe Unzufriedenheit der einfachen Leute wider – die Wut über ein Leben, das von harten Verhältnissen und willkürlichen Herrschaften bestimmt wurde.
Doch Hiasl war kein bewusster Sozialrebell mit einem ausgeklügelten Programm. Er war vielmehr das pulsierende Symbol einer Ära, in der man Helden brauchte, die den Mut hatten, sich gegen die Tyrannei zu erheben. Mit seiner wilden Art, mit dem unverblümten Trotz und der unbändigen Kraft, den Obrigkeiten die Zähne zu zeigen, weckte er in den Menschen den Glauben daran, dass es immer einen Kämpfer geben würde, der sich nicht unterkriegen ließ. So klang es in den Gassen und auf den Feldern:
„Geh, Hiasl, steh doch wieder auf!“
Ein Ruf, der den Geist des Rebellen in jedem Einzelnen neu entfachte.
Bis etwa 1910 hallte der Name des Bayerischen Hiasl in ganz Bayern wider – ein Name, der zum Synonym für den ungebändigten Widerstand gegen das Unrecht wurde. Mit der Zeit trat Mathias Kneißl, der berühmte Räuber Kneißl, in seine Fußstapfen und ehrte den Geist des Hiasl, während auch der Jennerwein Girgl seinen Platz in dieser Kette der Legenden fand – vor allem beflügelt durch das allseits bekannte Lied vom „Wildschütz Jennerwein“, das in Volksmusik, Pop und Jazz weiterlebt.
So wurde der Bayerische Hiasl zu einer unsterblichen Legende – nicht als geplanter Sozialrebell, sondern als der ungezähmte Held, den das Volk selbst in Zeiten der Not heraufbeschwor. Ein Symbol der Hoffnung und des Widerstands, das selbst den Schatten des Todes überdauerte und in den Herzen der Menschen weiterlebt.
Der edle Räuber in der Literatur – Ein Abenteuer zwischen Mythos und Rebellion
In den stürmischen Zeiten der Aufklärung erwachte eine Figur, die bis heute die Fantasie beflügelt: der edle Räuber. Er war weit mehr als ein Gesetzesbrecher – er war der unerschrockene Held, der sich mutig gegen die Tyrannei erhob und für die Unterdrückten kämpfte. In den Schatten der autoritären Herrschaft erhob sich der Räuber als Symbol des Widerstands, als Verkörperung jenes im Naturrecht verankerten Rechts, sich gegen willkürliche Macht zu wehren – ein Recht, über das noch heute hitzige Debatten entbrennen.
Die strahlende Faszination des edlen Räubers zog sich wie ein roter Faden durch die Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts. Berühmte Schriftsteller setzten sich mit ihm auseinander und verankerten seine Taten in den Seiten ihrer Werke, sodass seine Abenteuer von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Alexander Puschkin etwa schuf mit seinem literarischen Denkmal um den Kosaken Pugatschov ein Bild, das zugleich heroisch und tragisch anmutete, während Christian Vulpius in seinem Roman die legendäre Figur des Rinaldo Rinaldini aus einem Hauch italienischer Räuberromantik erschuf.
Doch welche Legende erhebt sich ohne den unsterblichen Robin Hood? Dieser mythische Held brauchte nie ein reales Vorbild, um als Volksheld zu glänzen – sein Erbe lebt in den unzähligen Erzählungen weiter, in denen er den Reichen nahm, um den Armen zu geben. Auch der Bayerische Hiasl fand seinen Platz in diesem Pantheon der Rebellen; zusammen mit dem sagenumwobenen »Sonnenwirtle« inspirierte er sogar Friedrich Schiller zu seinem Bühnenstück »Die Räuber«.
Im 20. Jahrhundert setzten Autoren diese Tradition fort: Carl Zuckmayer ließ den berüchtigten Schinderhannes in literarischem Glanz auferstehen, während die Abenteuer von Zorro und Sandokan in Film und Fernsehen erneut das Herz der Zuschauer in Brand setzten. Selbst die leichten, fantasievollen Geschichten für Kinder – wie jene um den listigen Räuber Hotzenplotz oder die mutige Ronja Räubertochter – tragen den Geist jener unbezähmten Rebellionsseele in sich.
So zeigt die Literatur immer wieder, dass der edle Räuber mehr ist als ein bloßer Gesetzesbrecher. Er ist ein lebendiger Mythos, ein Symbol für den ewigen Kampf gegen Ungerechtigkeit, der den Menschen Mut macht und sie daran erinnert, dass in jedem von uns das Potenzial steckt, für Freiheit und Gerechtigkeit einzustehen – selbst dann, wenn der Weg steinig und von Gefahren gesäumt ist.